Aus der Enge in die Weite – geht das mit Qigong?

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Heute schreibt Weiyi für dich in der Rubrik MELTING BONES:

Ein Erfahrungsbericht in Zeiten von Corona

In den vergangenen Wochen waren die Begriffe Gesundheit, Harmonie, Gelassenheit zentrales Thema – für mich zumindest. Und für dich Leser*in sicherlich auch. Es war nicht mehr einfach, entspannt im Kopf zu bleiben, ein- und auszuatmen, den Atem fließen zu lassen, ganz natürlich und frei, so wie ich es üblicherweise in meinem Unterricht anleite, so dass meine Teilnehmer*innen ihre eigene Atemqualität entdecken und ihre Spannung loslassen können. In den spannenden Wochen habe ich oft erst tief durchgeatmet, bevor ich eine Entscheidung getroffen habe, ehe ich geantwortet habe oder was ich als nächstes tun würde. Kurz: Willkommen Schnappatmung, Bye-bye innere Ruhe.

„Chronisches Überatmen verengt die Blutgefäße, was zu einer unzureichenden Sauerstoffversorgung des Gehirns führt – Brain Fog, Nervosität und Schlafstörungen können die Folge sein.“ (aus Patrick McKeowns Buch „Angst, Stress und Panik wegatmen“).

Zurück zur inneren Ruhe und einem ruhigen Geist mit Stillem Qigong kann im Stehen, Sitzen oder im Liegen geübt werden. Arbeit mit der Energie kann anstrengend sein. Manchmal spüren meine Teilnehmer*innen ihre Bauchdecke am nächsten Tag noch. Bewusste Atmung erfordert Konzentration, um stressige Momente und Spannung zu senken und hilft den Gedankenstrudel zu ordnen.

Eine Tasse Tee oder ein beliebiges Getränk in Stille und ganz achtsam zu trinken, entspannt auch, aber das ist unterwegs nicht immer möglich oder nicht vorhanden. Also bleiben wir bei der Atmung und Stillem Qigong.

Ich atme tief durch die Nase ein und lasse den Atem wieder hinausströmen. Manchmal ganz leise, manchmal lange und fast seufzend lasse ich meinen Atem hinaus bis ich spüre, dass ich im Körper entspanne und meine Zehen sich strecken. War ich das gerade? Oder mein Fuß? Verlässt mich die innere Anspannung etwa durch meine Zehen? Ich beobachte weiter meinen Körper, aber es bleibt bei dieser einzigen Regung, und ich kann in Ruhe weiteratmen. Jetzt bin ich achtsam und fokussiere mich auf meine Atmung, spüre den Einatem kühl in meiner Nase, spüre meine Bauchdecke sich nach außen wölben wie ein kleiner Ballon, der sich mit Luft füllt und wächst und wieder kleiner wird. Ein mit lichtgefüllter Raum, der Ballon wird zur Sonnenkugel – es fühlt sich gut an, irgendwie endlos weit. Der Bauch, genauer mein Zwerchfell, zieht und der Sauerstoff strömt in mich hinein ganz tief. Ich denke nicht mehr darüber nach, was mein Körper tut, sondern kann währenddessen in mich hineinfühlen. Und in diesem einen Moment bin ich ganz ruhig und glücklich. Das beengte Gefühl im Brustkorb hat sich mit der Wärme und dem Licht einfach aufgelöst.

Hey, ich lächle, und bei dieser Erkenntnis kichere ich auch noch über mich. Der eine besondere Moment ist wieder fort und ich beginne von vorn. Dieses Mal lächelnd und ohne Anspannung, eher neugierig, wie lange ich brauchen werde, bis die Entspannung im Geist und Körper sich wieder mir zeigt.

„Im Stillen Qigong arbeitest du vor allem mit dem Atem. Durch die Atemübungen und die Kraft des nach innen gerichteten Geistes wird die Lebensenergie Qi durch die subtilen Bahnen des Körpers gelenkt. Diese Übungen sind Tausende von Jahren alt und bilden die meditative Urform der chinesischen Energiearbeit.“

(Ulli Olvedi: Das stille Qigong nach Meister Zhi-Chang Li)

Und nun, atme mit mir:

 

„Sitze oder stehe aufrecht, die Füße gut gegründet und entspanne deine Stirn. Dein Nacken ist lang und dein Kopf schwebt wie ein Ballon zur Decke. Deine Augen sind leicht geschlossen und der Kiefer ist locker, die Zahnreihen sind ohne Kontakt übereinander und die Lippen berühren sind ganz leicht wie zu einem Lächeln.

 

Einige tiefe Einatemzüge mal mit leisem He-Laut ausatmen (etwa 5-8 mal). Beobachte deinen Atem und warte, was sich dir als Reaktion zeigt.

 

Wiederhole die tiefen Atemzüge diesmal mit einem leisen hauchenden Ha-Laut. Halte wieder inne beobachte – es ist wie nach innen lauschen. Das Lauschen ermöglicht uns das Gefühl, Ruhe und Raum entstehen zu lassen. In diesem Moment treten Gedanken in den Hintergrund und der Atem wird unbewusst, absichtslos und leicht.

 

Als Abschluss richte deine Aufmerksamkeit auf den Scheitelpunkt auf dem Kopf und atme lächelnd ein und aus. Das Lächeln drückt sich über deine Augen und deinem Herzraum vorn aus und ein Gefühl von Heiterkeit breitet sich im ganzen Körper aus.

 

Am Anfang braucht es Überwindung, sich auf das Lächeln einzulassen, aber mit der Zeit wird es weniger schwer, in ruhigen Augenblicken dir ein bisschen selbst zuzulächeln. Also nur Mut und weiteratmen!“


Die Autorin: Weiyi ist DDQT. zert. Qigong Kursleiterin Dan Dao, dipl. TriloChi® Lehrerin, zert. ChiYoga Lehrerin, Dozentin und Ausbilderin für die Marke TriloChi®. Du erreichst sie unter wychang@web.de.

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